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Aufbewahrungspflichten für Dokumente

Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) sowie der Abgabenordnung (AO), ist derjenige, der nach Handels- und Steuerrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese Dokumente aufzubewahren. Dies betrifft gleichermaßen natürliche und juristische Personen. Aufbewahrungspflichten ergeben sich darüber hinaus z. B. aus der EGMaschinenrichtlinie sowie weiteren Rechtsvorschriften. Die für die Praxis wichtigsten Regeln lauten:

Sechs Jahre lang aufzubewahren sind

  • empfangene Handelsbriefe,
  • Kopien der abgesandten Handelsbriefe und
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Nach der Definition des HGB sind Handelsbriefe "Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen", d. h. dessen Vorbereitung, Abschluss, Durchführung oder Rückgängigmachung zum Gegenstand haben. Davon erfasst sind z. B. verbindliche Angebote, Auftragsbestätigungen, Rücktritts- oder Kündigungserklärungen sowie Mängelrügen.

Zehn Jahre aufzubewahren sind

  • Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • Buchungsbelege (z. B. Rechnungen und Gutschriften) und
  • bestimmte zollrechtlich relevante Unterlagen.

Mit der längeren Aufbewahrungspflicht für die zuvor genannten Dokumente bezweckt der Gesetzgeber eine längerfristige und erleichterte Zugriffsmöglichkeit der Steuerbehörden auf diese Daten.

Eine ebenfalls zehnjährige Aufbewahrungspflicht besteht für technische Unterlagen über Maschinen, die der EG-Maschinenrichtlinie unterfallen. Die insoweit relevanten Unterlagen sind dort in einem Katalog aufgeführt und betreffen - vereinfacht dargestellt - diejenigen Unterlagen, die notwendig sind, um die Übereinstimmung der Maschine mit der Richtlinie zu beurteilen.

Hierzu zählen unter anderem technische Spezifikationen, Übersichtszeichnungen und Schaltkreise von Maschinen, richtlinienrelevante Prüfberichte, Bedienungsanleitungen, Einbauerklärungen und die EG-Konformitätserklärung.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in das das dokumentierte Ereignis fällt (z. B. die Gutschriftserstellung).

Für die Pflicht, ein Schriftstück oder Dokument aufzubewahren, wird nicht nach dessen Form unterschieden, vielmehr kommt es allein auf dessen inhaltliche Bewertung an. Neben gegenständlichen schriftlichen Dokumenten sind somit gleichermaßen Telefax-Nachrichten und insbesondere E-Mails den Vorgaben entsprechend aufzubewahren bzw. zu archivieren.

Mit Ausnahme von Eröffnungsbilanzen sowie Konzern- und Jahresabschlüssen, die im Original aufbewahrt werden müssen, dürfen die Unterlagen auch elektronisch archiviert werden, wenn die gewählte Archivierungsart den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die gespeicherten Unterlagen, wenn sie später lesbar gemacht werden, inhaltlich und bildlich mit dem Original übereinstimmen. Außerdem müssen sie jederzeit verfügbar sein und innerhalb einer angemessenen Frist lesbar gemacht werden können.

Eine Aufbewahrung von Unterlagen und Dokumenten kann aber auch unabhängig von bestehenden gesetzlichen Pflichten und noch nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen im eigenen Unternehmensinteresse liegen, z. B. um Ansprüche Dritter abzuwehren (wie in Produkthaftungsfällen) oder um eigene Ansprüche durchzusetzen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verjährungsfristen für die betreffenden Ansprüche - die im Einzelfall bis zu 30 Jahre betragen können - über die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen hinausgehen.

Andreas Dömkes

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