VERSTEHENBERATENBEGLEITEN

 
Pflicht zur Lieferung von Ersatzteilen

Ein Verkäufer muss in seiner Planung und Kalkulation berücksichtigen, in welchem Umfang und wie lange er über die Mängelhaftung hinaus zur Lieferung von Ersatzteilen für seine Produkte verpflichtet ist.

Zunächst muss der Verkäufer halten, was er in Verträgen bezüglich der Lieferung von Ersatzteilen verspricht. Solche Verpflichtungen ergeben sich beispielsweise aus länger laufenden Service-, Wartungs- oder Support-Verträgen, aber auch aus konkreten vertraglichen Zusagen, beispielsweise: "Der Verkäufer gewährleistet 7 Jahre Ersatzteillieferung".

Falls keine ausdrückliche Zusage gegeben wird, kann sich eine Pflicht zu Ersatzteillieferungen für bestimmte Zeiträume durch Auslegung des Vertrages ergeben. Die Umstände des Vertragsabschlusses, der Sinn und Zweck des Vertrages oder die Pflicht zur allgemeinen Vertragstreue können diese Pflicht begründen. Beispielsweise muss der Kaufgegenstand den berechtigten Erwartungen des Käufers an die Ausstattung, Leistungsfähigkeit, Haltbarkeit sowie zeitliche Nutzungstauglichkeit entsprechen. Hierzu gehört meist auch die Reparaturfähigkeit des Produktes. Für diese ist die Verfügbarkeit von Ersatzteilen regelmäßig unverzichtbar.

Zur Bestimmung, ob und wie lange ein Verkäufer im Einzelfall Ersatzteile liefern können muss, werden mangels ausdrücklicher Regelungen in einem Vertrag häufig folgende Kriterien herangezogen:

  • Die übliche Produktnutzungsdauer unter Berücksichtigung steigender Servicekosten im Verhältnis zu dem Restwert des Produktes, des Verhältnisses des Restwertes des Produktes zum Anschaffungspreis für ein neues Produkt sowie der steuerrechtlichen Abschreibungsdauer
  • Der Preis des Produktes
  • Die Länge der Innovationszyklen
  • Die Verfügbarkeit der Ersatzteile aus anderen Quellen wie beispielsweise im freien Ersatzteilhandel.

Als Faustregel gilt, dass Ansprüche auf Lieferung von Ersatzteilen zumindest während der üblichen Nutzungs- und Betriebsdauer des Produktes geltend gemacht werden können. Dies betrifft insbesondere diejenigen Teile, mit deren Verschleiß oder Ausfall gerechnet werden muss und die nicht leicht anderweitig beschafft werden können.

Die Verpflichtungen zur Lieferung von Ersatzteilen treffen regelmäßig den Verkäufer eines Produktes gegenüber seinem Vertragspartner, dem Käufer. Jedoch kann auch ein Vorlieferant einem nachfolgenden Käufer zur Lieferung von Ersatzteilen verpflichtet sein. Dies mag sich im Einzelfall daraus ergeben, dass der Käufer seine Ansprüche gegen der Verkäufer an den Zweitkäufer abtritt. Auch können sich aus dem Kaufvertrag eines Herstellers mit dem ersten Käufer ausdrückliche oder durch Auslegung zu ermittelnde Verpflichtungen zugunsten nachfolgender Käufer ergeben. Des Weiteren kann ein Hersteller Ansprüche von nachfolgenden Käufern begründen, indem er beispielsweise bei der Vermarktung seiner Produkte Werbeaussagen wie "Mit unseren Produkten kaufen Sie Langlebigkeit" an alle potentiellen Käufer richtet.

Besteht eine Pflicht zur Lieferung von Ersatzteilen und erfüllt der Verkäufer diese nicht, so kann er Schadensersatzansprüchen des Käufers ausgesetzt sein. Eine vertragliche Übernahme von Pflichten zur Bevorratung von Ersatzteilen sollte aus Sicht des Verkäufers nach Möglichkeit vermieden werden.

Andreas Dömkes

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