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Wozu sind AGB notwendig?

Was sind AGB?

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wurden in Deutschland erstmals im 19. Jahrhundert verwendet. Ihre Verbreitung ist eng geknüpft an das Entstehen einer Wirtschaft mit Massenproduktion und Massenkonsum von standardisierten Waren und Dienstleistungen. Beginnend mit der Versicherungswirtschaft hielten vorformulierte Vertragsbedingungen bald auch Einzug bei Verkehrsunternehmen, Kreditinstituten sowie in Produktions- und Handelsbetrieben. Heute sind sie aus beinahe allen Wirtschaftszweigen im Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken.

Spezielle Gesetzesbestimmungen für AGB gibt es jedoch erst seit 1976. Bis zu dieser Zeit lag dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Vorstellung zugrunde, dass Vertragsinhalte von den Parteien frei vereinbart werden und dass ergänzend die ausgewogenen gesetzlichen Regelungen gelten.

§ 305 Absatz 1 Satz 1 des BGB definiert AGB wie folgt:

"Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt."

Für die Einordnung als AGB ist es "[g]leichgültig, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden" ("Kleingedrucktes") oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden.
Welchen Zweck verfolgt das AGB-Recht?

Das AGB-Recht dient in erster Linie dem Schutz davor, dass der "Verwender" seine Vertragsgestaltungsfreiheit gegenüber dem Vertragspartner, dem die AGB vorgelegt werden, einseitig ausnutzt. So werden nach dem AGB-Recht bestimmte Regelungen nicht Vertragsbestandteil oder sind unwirksam, beispielsweise:

  • überraschende Klauseln, die "nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht" sind, sowie
  • benachteiligende Klauseln, die "den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen". Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
  • "mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist" oder
  • "wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist".

Neben diesen allgemeinen Grundsätzen enthält das BGB einen Katalog von AGB-Klauseln, die gegenüber Verbrauchern immer unwirksam sind. Dies ist häufig ein Indiz für eine Unwirksamkeit dieser Klauseln auch im geschäftlichen Verkehr.

Warum sollten AGB verwendet werden?

Die vielfache Verwendung gleicher Bedingungen ermöglicht die Berücksichtigung der Besonderheiten der angebotenen Leistung, die Klärung von Zweifelsfragen, die das Gesetz nicht behandelt und vereinfacht den Geschäftsablauf. Anstatt jeden Vertrag einzeln verhandeln zu müssen, wird der Zeitbedarf der Verhandlung gesenkt, die "Transaktionskosten" minimiert.

Regelmäßig enthalten AGB Regeln für die Abwicklung der Geschäfte. Diese reichen von Fragen zum Zustandekommen des Vertrages (z. B. nicht mündlich, sondern nur schriftlich), über die Zahlungsmodalitäten (z. B. Fälligkeit und Verzugszinsen) bis zur Versicherung des Kaufgegenstandes und der Verantwortungszuweisung an den Vertragspartner (z. B. für die Umgebungsbedingungen, in denen er ein Produkt einsetzt). In AGB können aber auch im Gesetz nicht geregelte Vertragstypen (z. B. Leasingverträge, Remoteserviceverträge) einheitlich ausgestaltet werden.

Eine weitere wichtige Funktion von AGB liegt darin, die Geschäftsrisiken des Unternehmers kalkulierbar zu machen. Beispielsweise sind in der Kalkulation von Verkaufspreisen für Produkte preisbildende Faktoren wie Kosten für die Beschaffung, Logistik, Lagerhaltung, Verwaltungs- und Vertriebskosten, aber auch ein bestimmtes Risikoprofil berücksichtigt. In Verkaufs-AGB wird das Risikoprofil üblicherweise so gestaltet, dass ein Verkäufer Produktmängel für den Kunden kostenlos behebt, Schadensersatz jedoch auf das gesetzlich zwingende Mindestmaß beschränkt ist. Ohne diese Risikobegrenzung könnte ein Verkäufer bei Verkaufsgeschäften weitgehenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sein und müsste diese in seine Preise einkalkulieren. AGB tragen dazu bei, dass die Kosten und Risiken im kalkulierten Rahmen bleiben.

Bei einem Geschäft mit wiederkehrenden gleichartigen Transaktionen ist daher dringend zu empfehlen, auf das eigene Geschäft zugeschnittene AGB zu entwerfen und diese in die entsprechenden Verträge einzubeziehen. Insbesondere im Vertriebsbereich ist die wirksame Vereinbarung von AGB unter dem Aspekt der Risikobegrenzung sehr wichtig, denn das ohne die Vereinbarung von AGB geltende Gesetz bietet tendenziell dem Käufer einen höheren Schutz als dem Verkäufer. Dabei gewährleistet das AGB-Recht, dass der Vertragspartner nicht übervorteilt wird.

In unserer nächsten Information werden wir Sie über die Rechtslage und die Handlungsmöglichkeiten im Falle einer Ablehnung von AGB durch den Vertragspartner informieren.

Andreas Dömkes

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