In § 43 Abs. 1 GmbHG wird als Handlungsmaßstab für den Geschäftsführer einer GmbH die "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes" definiert. Folgerichtig haftet der Geschäftsführer gegenüber der von ihm geführten Gesellschaft dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadenersatz, wenn er in den Angelegenheiten der Gesellschaft diese Anforderungen an seine Sorgfalt verletzt.
Mit zunehmender Komplexität des Wirtschaftlebens haben sich auch die Anforderungen an das pflichtgemäße Handeln eines ordentlichen Geschäftsmannes verändert.
So wird heute von der Geschäftsführung einer GmbH erwartet, dass sie organisatorische Maßnahmen in Form eines Frühwarnsystems für existenzbedrohende Risiken sowie eines allgemeinen Risikomanagements ergreift, um Schäden von der Gesellschaft abzuwenden. Verstanden wird hierunter insbesondere die Einrichtung interner Überwachungs-, Kontroll- und Informationsmechanismen, die es der Geschäftsführung erlauben, jederzeit über im Unternehmen eingegangene Risiken informiert zu sein. Natürlich muss die Geschäftsführung diese Mechanismen auch aktiv nutzen, um ihren Überwachungs- und Kontrollpflichten nachzukommen.
Selbstverständlich gehört es auch zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, die Geschäfte der Gesellschaft im Einklang mit gesetzlichen Regelungen jeglicher Art zu führen.Diese Verpflichtung erstreckt sich nicht nur auf die Handlungen des Geschäftsführers selbst.
Vielmehr ist der Geschäftsführer darüber hinaus verpflichtet, ein sogenanntes "Compliance Management System" zu unterhalten, also aktiv Vorkehrungen zu treffen, die die Begehung von Gesetzesverstößen durch Mitarbeiter der Gesellschaft verhindern.
Es steht daher nicht im Ermessen der Geschäftsführung, ob sie Risiko- und Compliance-Management betreibt, sondern nur, wie dies geschieht. Entscheidend ist dabei, dass das Risiko- und Compliance- Management angemessen ist, das heißt im richtigen Verhältnis zum Gegenstand, zur Größe und zur Struktur des Unternehmens steht. Ein Handwerksbetrieb wird dabei andere Anforderungen erfüllen müssen als ein mittelständisches Unternehmen und dieses wiederum andere Anforderungen als ein weltweit tätiger Konzern.
Findet ein Risiko- und Compliance-Management gar nicht statt, ist es im Verhältnis zum Zuschnitt des Unternehmens unzureichend oder ignoriert die Geschäftsführung die Erkenntnisse aus dem Risikooder Compliance-Management, haftet die Geschäftsführung gegenüber der Gesellschaft für den daraus resultierenden Schaden. Deshalb liegt es nicht nur im Unternehmensinteresse, sondern auch im Eigeninteresse eines verantwortlichen Geschäftsführers, bei der Durchführung von Risiko- und Compliance-Management die von der Rechtsprechung verlangte Sorgfalt einzuhalten.
Uwe Pirl