Mit Software aus zweiter Hand wird nicht nur bei eBay schwunghafter Handel betrieben. Die Angebote mit häufig originalverpackten Datenträgern und Einzellizenzen richten sich dort meist an Verbraucher und scheinen im Wesentlichen von den großen Softwareherstellern unbehelligt abgewickelt zu werden. Ganz anders sieht der Markt bei unternehmerisch genutzter gebrauchter Software aus, insbesondere bei sog. Volumenlizenzen. Hier liefern sich professionelle Händler heftige rechtliche Auseinandersetzungen mit den Softwareherstellern.
Überzählige Softwarenutzungsrechte entstehen etwa infolge von Umstrukturierungen, beim Abbau von Arbeitsplätzen oder durch Insolvenzen, aber auch beim Wechsel des Betriebssystems oder auf neue Programmvollversionen. Diese Nutzungsrechte werden dann von spezialisierten Händlern erworben und weiter veräußert. Dem Verkäufer bringt dies einen Erlös aus möglicherweise bereits abgeschriebenen Wirtschaftsgütern. Für den Erwerber gebrauchter Software kann sich eine Preisersparnis von 10 bis zu 70 Prozent gegenüber dem Neukauf ergeben. Der Gebrauchtmarkt ist besonders für Unternehmen interessant, die die Software bereits einsetzen und Bedarf an der Ausstattung zusätzlicher Arbeitsplätze haben, einen teuren Nachkauf beim Hersteller aber vermeiden wollen.
Rechtlich unkritisch sind zunächst die Fälle, in denen gebrauchte Software zur Nutzung auf nur einem Rechner (sog. Einzelplatzlizenz) zusammen mit dem Originaldatenträger verkauft wird. Hier tritt mit der ersten Veräußerung die "urheberrechtliche Erschöpfung" ein: Der Softwarehersteller als Inhaber des Urheberrechts kann weitere Veräußerungen nicht rechtlich wirksam verbieten.
Der rechtliche Rahmen für andere Lizenzvarianten ist heftig umstritten. Die Rechtsprechung differenziert zwischen als Bundle mit Hardware vertriebener Software auf Originaldatenträgern (sog. OEM-Lizenz), Software, die via Download (ohne Überlassung eines physischen Datenträgers) durch den Ersterwerber bezogen wurde und sog. Volumenlizenzen. Bei diesen wird dem Erwerber eine Master CD ausgehändigt und damit das Recht verbunden, eine durch den Lizenzvertrag bestimmte Anzahl Installationen auf seinen Computersystemen vorzunehmen. Umstritten ist in den vorgenannten Konstellationen die Frage, ob und wann der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz greift und wie sich zusätzliche vertragliche Veräußerungsverbote auswirken. Der Erwerber riskiert dabei, überhaupt kein wirksames Nutzungsrecht übertragen zu bekommen, der Veräußerer kann sich gegebenenfalls wegen einer Vertragspflichtverletzung gegenüber seinem Lizenzgeber oder im Rahmen der Mängelhaftung gegenüber seinem Abnehmer schadensersatzpflichtig machen. Es kommt daher auf die vertragliche Gestaltung und rechtliche Auslegung im konkreten Einzelfall an, ob ein Verkauf oder Erwerb von Software aus zweiter Hand risikolos möglich ist.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die auftretenden Rechtsfragen bisher noch nicht geklärt.
Ein beabsichtigter Geschäftsabschluss sollte daher unbedingt von einem spezialisierten Anwalt vorher geprüft und die Durchführung rechtlich gestaltet und begleitet werden, um die angesprochenen Risiken zu vermeiden oder möglichst gering zu halten.
Dr. Tilo Jung