Wenn Unternehmen Verträge verhandeln, liegt fast immer ein besonderes Augenmerk auf den Haftungsregeln. Diejenige Vertragspartei, die zum Beispiel ein Produkt verkauft oder eine Dienstleistung erbringt, wird versuchen, ihre Haftung für Schäden zu vermeiden oder zu begrenzen. Die andere Vertragspartei erwartet, dass für nicht vertragsgemäß erbrachte Leistungen oder verursachte Schäden möglichst umfassend aufgekommen wird.
Gestaltung und Verhandlung von Haftungsklauseln erweisen sich daher in der Praxis als schwierig. Sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Haftung als auch Art und Höhe möglicher Schäden sind schließlich nur schwer abschätzbar.
Worauf kommt es also zur interessengerechten Gestaltung und Verhandlung von Haftungsklauseln an?
Ausgangspunkt der Haftung ist eine „Pflichtverletzung“. Zuallererst müssen die Parteien klären, welche Pflichten sie jeweils mit dem Vertrag übernehmen und wofür sie einstehen müssen. Bei einem Kaufvertrag sollten neben der offenkundigen Pflicht zur Lieferung eines mangelfreien Produkts weitere im Vertrag enthaltene Pflichten nicht aus dem Blickfeld geraten. So begründen auch Zusagen einer verkürzten Frist für Reparaturen oder zur Lieferfähigkeit von Ersatzteilen Pflichten, deren Verletzung eine Haftung auslösen kann.
Weiterer Gestaltungsspielraum bietet sich beim Tatbestandsmerkmal des durch die Pflichtverletzung „entstehenden Schadens“. Nach dem Gesetz sind alle Schäden zu ersetzen und zwar in voller Höhe. Die Rechtsprechung begrenzt dies nur geringfügig auf die Fälle „adäquat kausal“ verursachter Schäden“. In der Verhandlungsraxis wird häufig unterschieden zwischen direkten Schäden (am eigentlichen Leistungsgegenstand, z. B. Zerstörung der gelieferten Maschine) und indirekten oder „Folgeschäden“ (außerhalb des Leistungsgegenstandes, z. B. Schäden an Drittkomponenten oder Vermögensschäden wie Produktionsausfall oder entgangener Gewinn). Oft stehen sich die Positionen „uneingeschränkte Haftung nach dem Gesetz“ und „vollständiger Ausschluss von Folgeschäden“ unversöhnlich gegenüber. Manchmal kann eine differenzierte Betrachtung weiterhelfen, welche konkreten Schäden bei Verletzung welcher Pflichten realistischerweise entstehen können. Droht dem Käufer z. B. bei Mängeln der gelieferten Produktionsmaschine, dass diese Ausschuss produziert, kann die Haftung auf den Ersatz des Ausschusses oder auf eine betragsmäßige Obergrenze begrenzt werden. Je genauer mögliche Schadensszenarien vorgedacht werden, desto eher lässt sich ein für beide Seiten vertretbarer Kompromiss finden.
Schließlich setzt die Haftung ein „Verschulden“ voraus, d. h. ein mindestens fahrlässiges Verhalten. In einer Haftungsklausel kann beispielsweise für bestimmte (Neben-)Pflichten ein Ausschluss der Haftung für einfache Fahrlässigkeit vereinbart werden. Für deren Verletzung müsste dann nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz eingestanden werden.
Die folgenden Fragen helfen die eigene Verhandlungsposition zu bestimmen:
• Welche konkreten Pflichten begründet der Vertrag und können daher zu einer Haftung führen?
• Ist die Erfüllung der betreffenden Pflicht beherrschbar?
Wie hoch ist das Risiko, dass die Pflicht verletzt wird?
• Für welchen Verschuldensgrad soll eingestanden werden?
• Welche Arten von Schäden können aus der Pflichtverletzung entstehen (Sach-/Körperschäden, direkte/indirekte oder reine Folge-/Vermögensschäden, …)?
Für welche Schadensarten soll eingestanden werden?
• Bis zu welcher Schadenshöhe soll eingestanden werden (z. B. Auftragswert oder jährliches Umsatzvolumen als Maßstab)?
Die vorstehend beschriebene weitgehende Gestaltungsfreiheit besteht allerdings nur bei individuell verhandelten Haftungsklauseln. Bei Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) sind zusätzlich die Vorgaben des AGB-Rechts zu beachten.
Andreas Dömkes