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Incoterms® 2010

Incoterms® sind von der Internationalen Handelskammer (ICC) erstellte, für den Warenhandel bestimmte standardisierte Lieferbedingungen*. Sie ermöglichen den vertragsschließenden Parteien, mit geringem Aufwand Rechte und Pflichten im Rahmen von Liefergeschäften eindeutig zu regeln. Incoterms® erfassen insbesondere die Kostentragung für Transport und Versicherung der Ware sowie für Zölle, vor allem aber die Gefahrtragung (das Risiko des Verlusts oder der Verschlechterung des Lieferobjekts). Andere wichtige Aspekte in Kaufverträgen, beispielsweise jene des Eigentumsübergangs, der Zahlungsmodalitäten und der grundsätzlichen Haftung, sind nicht Gegenstand der Incoterms®. Sie werden entweder durch weitere Vertragsbestimmungen oder durch das im Einzelfall geltende Recht geregelt. Eine besondere Bedeutung haben Incoterms® im internationalen Warenhandel erlangt, weil sie die Unterschiede zweier Rechtsordnungen teilweise ausgleichen können. Die Rechtsanwälte Michael Keilpflug, M.C.L. und Dr. Markus Ackermann von der adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH geben im Folgenden einen Überblick über die jüngsten Neuerungen.

Die Incoterms® wurden von der ICC seit der erstmaligen Herausgabe im Jahr 1936 siebenmal geändert, um den Entwicklungen des internationalen Warenverkehrs gerecht zu werden. Das Ergebnis der letzten Überarbeitung sind die Incoterms® 2010, die im Herbst 2010 veröffentlicht wurden. Sie sind seit dem 1. Januar 2011 für die Verwendung vorgesehen.

Incoterms® gelten nur, wenn die Vertragsparteien dies vereinbart haben. Den Anwendern ist zu empfehlen, eine solche Vereinbarung explizit und durch eine eindeutige Bezugnahme zu treffen. Hierzu sollte zunächst die jeweilige Incoterms®-Klausel genannt, sodann der benannte Ort oder Hafen bezeichnet und schließlich der Zusatz "Incoterms® 2010" angefügt werden (beispielsweise "EXW Vangerowstraße 16/1, 69115 Heidelberg, Deutschland Incoterms® 2010"). Für beide Parteien ist eine präzise Definition des Ortes - möglichst durch eine Adressangabe - vorteilhaft. Die Jahreszahl "2010" ist vor dem Hintergrund der kürzlich erfolgten Änderungen besonders wichtig: Fehlt sie, so können insbesondere dann, wenn die Parteien in der Vergangenheit im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung die Geltung der Incoterms® 2000 vereinbart haben, Auslegungsunsicherheiten entstehen. Es steht ihnen allerdings frei, bei der Anwendung des bisherigen Regelwerks zu bleiben, jedoch sollte dies durch die Angabe der Jahreszahl "2000" deutlich gemacht werden. Verträge, die vor dem 1. Januar 2011 unter Einbezug der Incoterms® 2000 geschlossen wurden, bleiben von der Neufassung unberührt.

Die jüngsten Incoterms®-Änderungen sind unter anderem durch Entwicklungen im internationalen Handel in den letzten Jahren motiviert, insbesondere durch die Ausweitung von Freihandelszonen, durch die Zunahme der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel statt des Austausches von Papierdokumenten und durch Veränderungen der Transporttechniken (vor allem einer Ausweitung von Containertransporten). Zudem ist seit der Herausgabe der Incoterms ® 2000 das Bedürfnis nach einer erhöhten Sicherheit im Warenverkehr gestiegen. Auch entsprachen einige Klauseln der Incoterms® 2000 nicht den Bedürfnissen der Praxis oder waren missverständlich.

Die elf Klauseln der Incoterms® 2010 sind in zwei Gruppen gegliedert. Die Regelungen der einen Gruppe können für alle Transportarten verwendet werden (auch dann, wenn mehr als eine Transportart genutzt werden soll, einschließlich des Falles, dass ein Teil des Transports per Schiff erfolgt). Jene der anderen Gruppe sind ausschließlich für den See- und Binnenschifftransport vorgesehen. Die neuen Incoterms® lauten:

Erste Gruppe: Klauseln für alle Transportarten
EXW - Ex Works (Ab Werk)
FCA - Free Carrier (Frei Frachtführer)
CPT - Carriage paid to (Frachtfrei)
CIP - Carriage and Insurance paid to (Frachtfrei versichert)
DAT - Delivered at Terminal (Geliefert Terminal)
DAP - Delivered at Place (Geliefert benannter Ort)
DP - Delievered Duty paid (Geliefert verzollt)

Zweite Gruppe: Klauseln für den See- und Binnenschifftransport
FAS - Free alongside Ship (Frei Längsseite Schiff)
FOB - Free on Board (Frei an Bord)
CFR - Cost and Freight (Kosten und Fracht)
CIF - Cost, Insurance and Freight (Kosten, Versicherung und Fracht)

 

Die Incoterms® 2010 enthalten verschiedene Begriffsdefinitionen. Zudem gehen den einzelnen Klauseln Anwendungshinweise voraus, die das Verständnis und die Auswahl der für den Zweck geeigneten Klausel erleichtern sollen, jedoch auf den Inhalt nicht einwirken.

Gegenüber dem bisherigen Stand wurde die Anzahl der Klauseln um zwei reduziert: Die Klauseln DAF (Delivered at Frontier / Geliefert Grenze), DES (Delivered ex Ship / Geliefert ab Schiff), DEQ (Delivered ex Quay / Geliefert ab Kai) und DDU (Delivered Duty Unpaid / Geliefert unverzollt) wurden entfernt. Dies wurde mit einer mangelnden Akzeptanz in der Praxis begründet, eine Annahme, die zumindest in Bezug auf die DDU Klausel bestritten wird.

Neu eingeführt wurden die Regelungen DAT und DAP. Die beiden neuen Klauseln bestimmen eine Lieferung am benannten Bestimmungsort. DAT regelt, dass das Lieferobjekt dem Käufer bereits entladen zur Verfügung gestellt wird. Der benannte Terminal kann auch in einem Hafen sein, so dass die nun aus dem Regelwerk gestrichene DEQ Klausel überflüssig ist. Bei der Vereinbarung der DAP-Klausel wird die Ware dem Käufer entladebereit zur Verfügung gestellt. In diesem Fall kann als Bestimmungsort ein Hafen vorgesehen und als Beförderungsmittel ein Schiff vereinbart sein, so dass die DAP-Klausel die bisher geltende DES Klausel ersetzen kann. Beide neuen Regelungen führen dazu, dass der Verkäufer die Gefahr der Beförderung bis zum Bestimmungsort sowie die Kosten (ausgenommen für eine etwaige Einfuhrgenehmigung) trägt. Die Klauseln FOB, CFR und CIF wurden dahingehend modifiziert, dass die Lieferung der Ware erfolgt ist, sobald sich diese an Bord des Schiffes befindet. Zuvor war Lieferort bei diesen Klauseln die Schiffsreling, was in der Praxis zu nicht sachgerechten Auswirkungen auf den Gefahrübergang führen konnte.

Eine weitere Änderung ist, dass die Incoterms® 2010 nun auch für den nationalen Handel bestimmt sind. Bereits zuvor waren sie oft entsprechend verwendet worden. Sofern die Parteien dies vereinbart haben, kann forthin die von der jeweiligen Incoterms ® 2010 Klausel erfasste Kommunikation zwischen den Parteien auch elektronisch erfolgen. Des Weiteren sehen die neuen Incoterms® versicherungsbezogene Informationspflichten sowie Pflichten hinsichtlich der Erlangung sicherheitsrelevanter Freigaben vor. Die Verteilung der Kosten für den Umschlag und die Bewegung der Waren in Hafen- oder Containerterminals ist in dem neuen Regelwerk klar definiert. Auch ist eine Klarstellung für Fälle von Verkaufsketten enthalten.
Insgesamt wurden die Incoterms® schonend neu gefasst. Viele bewährte Regelungsbestandteile bleiben bestehen. Die Klarstellungen führen dazu, dass die Incoterms® 2010 einfacher zu verwenden sind als die vorhergehenden Regelungen. Für die Praxis ist die zukünftige Anwendung der neuen Klauseln zu empfehlen.

Dr. Markus Ackermann, Michael Keilpflug, M.C.L.
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in Business & Law Rhein-Neckar, 2011

*"Incoterms" ist eine eingetragene Marke der Internationalen Handelskammer (ICC).

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