VERSTEHENBERATENBEGLEITEN

 
Mängelhaftung vs. Garantie

Der Käufer einer Sache möchte die Kaufsache ohne Mängel erwerben. Sie soll die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen und zur vertraglich vorausgesetzten bzw. zur gewöhnlichen Verwendung geeignet sein. Welche Rechte dem Käufer bei Vorliegen von Mängeln zustehen, richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen und danach, was die Parteien im Kaufvertrag vereinbart haben. Vereinbaren sie, dass der Verkäufer „für Mängel haftet“ oder „die Mangelfreiheit gewährleistet“, verweist dies auf den im BGB verwendeten Begriff der „Mängelhaftung“ bzw. der „Gewährleistung“, der früher im Gesetz verwendet wurde und synonym zu verstehen ist. Damit stehen dem Käufer die gesetzlichen Rechte auf Nacherfüllung, d. h. Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache, sowie Rücktritt oder Minderung zu. Einen Anspruch auf Schadensersatz hat der Käufer nur dann, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Dieses wird nach dem Gesetz zwar vermutet, der Verkäufer kann sich aber „exkulpieren“ indem er nachweist, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat.

Umgangssprachlich wird häufig davon gesprochen, dass der Käufer „zwei Jahre Garantie auf die Kaufsache“ habe. Auch in Kaufverträgen heißt es nicht selten, dass der Verkäufer „garantiert, dass die Kaufsache mangelfrei ist“ oder er bestimmte „Eigenschaften garantiert“ oder “zusichert“. Solche Zusagen sind auslegungsbedürftig und können nach deutschem Recht so verstanden werden, dass der Verkäufer eine Garantie im Sinne des § 443 BGB übernehmen will.

Beispiele für Garantien sind die „Beschaffenheitsgarantie“, dass die Kaufsache eine bestimmte Beschaffenheit hat oder die „Haltbarkeitsgarantie“, dass sie einen bestimmten Zustand für eine gewisse Dauer behalten wird. Auch bei Unternehmenskäufen („M&A“) werden häufig Garantien für Eigenschaften des Zielunternehmens gegeben. Garantien können von einem der Vertragspartner, aber auch von einer dritten, nicht am Vertrag beteiligten Partei gegeben werden, wie z. B. die „Herstellergarantie“ eines Autoherstellers gegenüber dem Endkunden.

Garantien ergänzen typischerweise die Mängelhaftung und können in ihren Folgen deutlich über diese hinausgehen. Wird die Zusage nicht eingehalten („Garantiefall“), steht dem Käufer häufig Schadensersatz in unbegrenzter Höhe zu, ohne dass es eines Verschuldens des Verkäufers bedarf. Auch Folgeschäden sind zu ersetzen. Auch kann eine versprochene Garantie nicht durch eine Regelung in AGB eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden. Der Verkäufer sollte eine Garantie also nur dann übernehmen, wenn er ihre Voraussetzungen beherrschen und Rechtsfolgen tragen kann. Anderenfalls sollten „Garantie“, „garantiert“, „sichert zu“, „steht voll dafür ein, dass ...“ oder ähnliche Begriffe, die eine erweiterte Einstandspflicht nahelegen, vermieden werden.

Falls bewusst eine Garantie übernommen werden soll, z. B. weil sie die Verkaufschancen erhöht oder die Kundenbindung fördert, empfiehlt es sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Garantiefalles ausdrücklich zu regeln. Dies kann am Beispiel einer „Verfügbarkeitszusage“ deutlich gemacht werden, die häufig im industriellen Umfeld gegeben wird und als garantiegleiche Einstandspflicht auszulegen ist. Mit einer Verfügbarkeitszusage verspricht der Verkäufer dem Käufer (z. B. einer Maschine) eine bestimmte nutzbare Betriebszeit. Als Voraussetzungen für die Zusage können etwa die ordnungsgemäße Bedienung, Wartung und Inspektionen der Maschine durch geschultes Personal, Verwendung freigegebener Betriebsstoffe oder auch der Abschluss eines Servicevertrages formuliert werden. Weiter sollten auch die Berechnungsformel (z. B. ausgedrückt als das Verhältnis von Planbetriebsstunden zu Ausfallstunden mit entsprechenden Definitionen) und die Rechtsfolgen im Garantiefall geregelt werden. Oft wird hierzu die auf die Richtlinie „VDI 3423“ des Vereins Deutscher Ingenieure e.V. zurückgegriffen, die wesentliche Begriffe und Definitionen sowie Regelungen zu Zeiterfassung und Berechnung der Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen enthält.

Als Rechtsfolge können beispielsweise die kostenlose Verlängerung eines Servicevertrages oder die Erteilung von Gutschriften für den Einkauf von Serviceleistungen oder Ersatzteilen vorgesehen werden. Die Rechtsfolgen sollten immer abschließend geregelt werden und darüber hinaus gehende Schadensersatzansprüche sollten ausgeschlossen werden.

Auf diese Grundsätze sollte bei der Formulierung von Verträgen geachtet werden, um eine unbeabsichtigte und unbegrenzte Garantiehaftung zu vermeiden.

Andreas Dömkes

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