Am 29.07.2014 ist das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat die Vorgaben einer EU-Richtlinie zum Zahlungsverzug umgesetzt und neue Regelungen zu Zahlungsfristen geschaffen, die im Wirtschaftsleben zu beachten sind. Anzuwenden sind die neuen Vorschriften auf alle Verträge oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die ab dem 29.07.2014 zustande kommen oder vereinbart werden. Anpassungsbedarf kann auch bei Dauerschuldverhältnissen und Rahmenverträgen bestehen.
Regelungen in individuell ausgehandelten, nicht dem AGB-Recht unterliegenden Verträgen, die Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen vorsehen und an denen kein Verbraucher beteiligt ist, sollen nur noch dann wirksam sein, wenn sie "für den Gläubiger nicht grob unbillig sind". Ungeklärt ist derzeit noch, wann eine "grobe Unbilligkeit" vorliegt. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte sich der Unternehmer daher darauf einstellen, dass selbst in individuell ausgehandelten Verträgen nur noch Zahlungsfristen bis zu einer Gesamtdauer von 60 Tagen vereinbart werden dürfen.
Strengere Bestimmungen gelten für öffentliche Auftraggeber. Wenn der Schuldner beispielsweise eine Gemeinde ist, darf diese vertraglich nur dann eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen vereinbaren, wenn dies "aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist". Liegt ausnahmsweise ein solcher besonderer Fall vor, gilt als starre Obergrenze eine 60 Tage-Frist.
Regelungen in AGB im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern sind nunmehr bereits "im Zweifel" unwirksam, wenn sie für den Verwender als Schuldner eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen vorsehen. Unklar bleibt auch bei dieser Neuregelung in § 308 Nr. 1a BGB, wann ausnahmsweise eine längere Zahlungsfrist angemessen sein könnte. Die Verwender von Beschaffungs- oder Einkaufsbedingungen müssen sich deshalb darauf einstellen, dass in Einkaufs-AGB nur noch Zahlungsfristen von maximal 30 Tagen vorgegeben werden dürfen. Möchte ein Unternehmer eine längere Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen vereinbaren, so muss er diese mit dem jeweiligen Vertragspartner individuell aushandeln.
Neue Regeln gelten auch für die Vereinbarung von Abnahme- und Überprüfungsfristen: Ist eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen, darf eine längere Frist als 30 Tage individuell - d.h. außerhalb von AGB - nur vereinbart werden, wenn dies für die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Der neue § 308 Nr. 1b BGB schafft darüber hinaus Höchstfristen für die Festlegung von Überprüfungs- und Abnahmefristen in AGB. "Im Zweifel" unwirksam sollen Fristen sein, die eine Zahlungspflicht für den Verwender erst mehr als 15 Tage nach dem Empfang der Leistung entstehen lässt. Diese Neuregelung wird beispielsweise Relevanz für die Geschäftsbedingungen eines Werkunternehmers haben.
Für den Fall, dass der Schuldner nicht innerhalb der Zahlungsfrist oder auf eine Mahnung des Gläubigers hin bezahlt (Zahlungsverzug), gilt zukünftig folgendes: Sofern der Schuldner kein Verbraucher ist, hat der Gläubiger ab Verzugseintritt einen Anspruch auf einen Mindestverzugsschaden von 40,00 EUR, ohne dass es eines Schadensnachweises bedarf. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Forderung um eine Raten- oder Abschlagszahlung handelt. Sofern allerdings weitere Rechtsverfolgungskosten hinzukommen, ist die Pauschale anzurechnen. Außerdem erhöht sich der Verzugszins im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern von bisher 8 auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr soll eine Stärkung der Rechtsposition von Gläubigern einhergehen. Die neuen Grenzen, die der Gesetzgeber setzt, stellen eine Einschränkung der Vertragsfreiheit dar, die das deutsche Zivilrecht bislang nicht kannte. Ob sich durch diese Form der Vertragskontrolle eine Verbesserung der Zahlungsmoral erreichen lässt, bleibt abzuwarten.
Samuel Gruber