Qualitätsmanagementvereinbarung -
Ein Überblick
Im Rahmen des Verbrauchergeschäfts ist vermehrt eine Abkehr von der "Geiz-ist-geil" und "Ich-bin-doch-nicht-blöd" - Mentalität zu verzeichnen. Unternehmen finden vom reinen Preiskampf zurück zur soliden Marktführung. Die Verbraucher sind des Preiskampfes überdrüssig und sehnen sich wieder nach Werten wie Service und Qualität, daher kann für den Hersteller ein wesentliches Qualitätssicherungsinstrument die Qualitätsmanagementvereinbarung sein. Andreas Dömkes und Markus Schaller von der adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH möchten mit diesem Beitrag das Verständnis von Zweck und Bedeutung von Qualitätsmanagementvereinbarungen fördern.
Sicherung
der Qualität von Anfang an
Dem Hersteller eines Produktes ist daran
gelegen, den von ihm festgelegten Qualitätsmaßstab vom Beginn des Herstellungsprozesses
bis zur Auslieferung an seinen Kunden einzuhalten und gegebenenfalls zu verbessern.
Dabei stellt sich die Frage der Qualitätswahrung nicht erst im eigenen Betrieb.
Vielmehr gilt es, die Qualität der Zulieferungen mit zu bestimmen und zu
überwachen. Die richtige Auswahl von qualifizierten und gegebenenfalls zertifizierten
Lieferanten hat entscheidenden Einfluss auf die Produktqualität. Deshalb
schließen Endhersteller mit ihren Zulieferern Qualitätsmanagementvereinbarungen
(QMV), häufig auch als Qualitätssicherheitsvereinbarung (QSV) bezeichnet,
ab. Sie sollen sicherstellen, dass die Qualitätsbelange des Herstellers auch
im Produktionsprozess des Zulieferers den ihnen gebührenden Platz einnehmen.
Die
Qualitätsmanagementvereinbarung als Teil des Qualitätsmanagements
Qualität
wird allgemein als das Maß, in dem das betrachtete Produkt oder der betrachtete
Prozess den gesetzten Anforderungen genügt, verstanden. Dabei bezieht sich
die Qualität sowohl auf die vermarkteten Produkte und Dienstleistungen als
auch auf die internen Prozesse eines Unternehmens. Das Qualitätsmanagement
besteht aus der Qualitätsplanung (Ermittlung des Ist-Zustandes und Festlegung
von Rahmenbedingungen für das Qualitätsmanagement), der Qualitätslenkung
(Umsetzung der Pläne), der Qualitätsprüfung, der Qualitätssicherung
(Auswertung von Qualitätsinformationen) und der Qualitätsverbesserung
(Kommunikation der gewonnenen Informationen und Verbesserungsmaßnahmen).
Qualitätsmanagementvereinbarungen bilden diese Aspekte vertraglich ab und
enthalten insbesondere Regelungen zur Qualitätslenkung, -sicherung und -verbesserung.
Wareneingangsprüfung
Eine
erhebliche Rolle spielen Qualitätsmanagementvereinbarungen bei dem so genannten
"Just-in-time-Geschäft". Dabei werden Zuliefergegenstände
dem Hersteller so zeitgenau geliefert, dass er sie möglichst ohne Zwischenlagerung
oder -behandlung in seinen Produktionsprozess einbeziehen und in das von ihm hergestellte
Produkt einbauen kann.
Oft hat der Käufer bei einem unmittelbaren Einbezug der gelieferten Gegenstände in den Produktionsprozess keine Möglichkeit, die Gegenstände nach der Anlieferung auf etwaige Mängel zu untersuchen. Jedoch legt die in § 377 des Handelsgesetzbuchs normierte Untersuchungs- und Rügepflicht dem Handelskäufer die Pflicht auf, die Ware unverzüglich nach Ablieferung zu untersuchen, und wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer diesen ebenfalls unverzüglich anzuzeigen. Um diesen Widerspruch zwischen den gesetzlichen Anforderungen und den tatsächlichen Gegebenheiten aufzulösen, wird dem Zulieferer in Qualitätsmanagementvereinbarungen regelmäßig die Pflicht zu einer umfassenden Warenausgangskontrolle auferlegt. In diesem Fall wäre es widersinnig, wenn der Hersteller eine Untersuchung, die die Parteien auf den Zulieferer verlagert haben, erneut vornehmen müsste. Überdies hat der Hersteller aufgrund der unmittelbaren, dem Zulieferer in der Regel bekannten, Verwendung der Ware häufig auch gar keine sinnvolle Möglichkeit zu deren genauer Untersuchung.
Die Interessenlage ist klar, doch ist in der Vertragsgestaltung Vorsicht geboten. Die uneingeschränkte Abwälzung der Wareneingangskontrolle auf den Zulieferer in Form einer umfassenden Warenausgangskontrolle wird in den überwiegenden Fällen einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.
Die gesetzlich normierte Wareneingangskontrolle
dient auch der Überprüfung von Transportschäden, sowie der Richtigkeit
und Vollständigkeit von Transport- und Begleitpapieren, deren eventuelle
Fehlerhaftigkeit im Rahmen der Warenausgangskontrolle noch nicht feststellbar
ist. Die einschlägigen Normen erlauben keinen "blinden" Einkauf;
eine zeitliche Verzögerung durch eine Überprüfung von Waren auf
Transportschäden sowie Vollständigkeit und Richtigkeit der Papiere sind
in Kauf zu nehmen und entsprechend vertraglich umzusetzen.
Kritisch ist die uneingeschränkte Abwälzung der Wareneingangskontrolle auf den Zulieferer vor allem aus folgendem Grund: Die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit dieser Abwälzung führt im Regelfall dazu, dass der Käufer eine umfangreiche, nämlich den Regelungen des § 377 HGB entsprechende Wareneingangsprüfung durchführen muss. Kommt er diesen Anforderungen nicht nach, läuft er Gefahr seine Mängelansprüche zu verlieren. Eine vertraglich detaillierte Abgrenzung der Pflichtenkreise von Zulieferer und Hersteller ist damit für die Wirksamkeit einer Regelung zur Abwälzung der Wareneingangskontrolle auf den Zulieferer unerlässlich.
Serienfehler
Eine weitere, häufig
ebenfalls in Qualitätsmanagementvereinbarungen anzutreffende Regelung befasst
sich mit dem Umgang mit Serienfehlern. Als Serienfehler werden gleichartig auftretende
Fehler an Waren aus einer Fertigungscharge verstanden. Hier ist der Hersteller
regelmäßig darauf bedacht, bereits bei einer geringen Quote gleichartiger
Fehler aus einer Fertigungscharge die komplette Charge als mangelhaft im Sinne
des Sachmangelrechts betrachten zu können und daraufhin gegen mangelfreie
Produkte ausgetauscht zu bekommen. Der Zulieferer hingegen ist bemüht, das
somit übernommene Risiko umfassend einzuschätzen und nach Möglichkeit
versichern zu können. Keiner Partei wäre geholfen, wenn der Zulieferer
ein unangemessen hohes Risiko übernähme. Deshalb bedarf die Formulierung
einer Regelung zum Umgang mit Serienfehlern besonderer Sorgfalt.
Zertifizierung
Ebenfalls
häufig in Qualitätsmanagementvereinbarungen findet sich die Verpflichtung
des Zulieferers zur Zertifizierung entsprechend einer Qualitätsmanagementnorm.
Diese enthält Anforderungen an das Management eines Unternehmens, um einem
bestimmten Standard zu entsprechen und ermöglicht den Nachweis über
deren Einhaltung gegenüber Dritten. Die Zertifizierung selbst bewertet jedoch
nur die "Qualitätsfähigkeit" einer Organisation bzw. eines
Unternehmens. Sie trifft jedoch keine Aussage zur Qualität bestimmter Produkte
oder Dienstleistungen, sondern bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation
bzw. eines Unternehmens, im Rahmen der durch das Qualitätsmanagement gelenkten
Geschäftsprozesse Qualität zu realisieren.
Fazit
Jedem
Hersteller sollte bewusst sein, dass eine Qualitätsmanagementvereinbarung
nicht automatisch zu höherwertigen Produkten führt. Rechtlich sicher
formuliert, steuert und befördert sie jedoch das Erreichen der vom Hersteller
vorgegebenen Produktqualität und schafft die Grundlage für eine gleich
bleibend hohe Qualität. Damit stellt die Qualitätsmanagementvereinbarung
zugleich einen ersten Schritt dar, den sich im Wandel befindlichen Anforderungen
der Verbraucher zu genügen.
Andreas Dömkes,
Markus Schaller
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in Business
& Law Rhein-Neckar, 2007