Schiedsklauseln in internationalen
Verträgen
Beim Abschluss von Verträgen sind die Vertragsparteien regelmäßig der festen Absicht, diese ohne Konflikte umzusetzen. Trotzdem lassen sich Streitigkeiten nicht immer vermeiden. Verträge sollten daher eindeutige Regeln zur Streitentscheidung enthalten. Gerade in internationalen Verträgen kann die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens anstelle eines ordentlichen Gerichtsverfahrens vorteilhaft sein. Der Artikel gibt einen Überblick über die wesentlichen Vorzüge von Schiedsvereinbarungen und Hinweise zum Inhalt einer praxistauglichen Schiedsklausel.
Vorteile einer Schiedsvereinbarung in internationalen Verträgen
Verfahrensdauer
Abhängig
von der lokalen Rechtsprechungspraxis benötigen rechtskräftige Entscheidungen
ordentlicher Gerichte oft längere Zeit. Während vor deutschen Gerichten
die Verfahrensdauer meist moderat ist, empfiehlt sich in Rechtsordnungen mit weniger
effektiv arbeitenden Gerichten ein Schiedsverfahren bereits wegen der oft kürzeren
Verfahrensdauer.
Verfahrenskosten
Auf den ersten Blick erscheinen
die Kosten für ein Schiedsgericht häufig höher als die Kosten eines
ordentlichen Gerichtsverfahrens. Dies kann sich jedoch anders darstellen, wenn
im ordentlichen Gerichtsverfahren der Instanzenzug ausgeschöpft wird. Bei
Gerichtsverfahren im Ausland werden zudem regelmäßig Übersetzungen
von Dokumenten erforderlich. Ist die Anwendung eines anderen Rechts als dasjenige
des Gerichtsstandes vereinbart, sind möglicherweise Sachverständige
für das gewählte Recht hinzuzuziehen. Zudem werden sich die Parteien
in solchen Fällen häufig von zwei Anwälten beraten lassen - einem
aus der heimatlichen Rechtsordnung und einem aus derjenigen des Gerichts. Diese
Kosten lassen sich durch Schiedsvereinbarungen vermeiden.
Vertraulichkeit
Schiedsverfahren
können nichtöffentlich durchgeführt werden, was bei ordentlichen
Gerichtsverfahren meist nicht möglich ist. Gerade bei strategisch oder technisch
sensiblen Verfahrensgegenständen ist Vertraulichkeit ein wichtiges Argument
für ein Schiedsverfahren.
Kompetenz der Richter
Die Kompetenz
und Motivation der Richter an ordentlichen Gerichten ist in fremden Rechtsordnungen
kaum vorhersehbar. Auch bei guter juristischer Ausbildung, wie sie bei deutschen
Gerichten regelmäßig zu erwarten ist, kann es bei einem sehr speziellen
Streitgegenstand sinnvoll sein, die Schiedsrichter entweder vom Schiedsgericht
gezielt auswählen zu lassen oder durch entsprechende Vereinbarung selbst
auszuwählen. Hier kann auch die Notwendigkeit besonderer Sprachkenntnisse
der Schiedsrichter berücksichtigt werden, was vor ordentlichen Gerichten
nicht der Fall ist.
Möglichkeit der Festlegung der Verfahrenssprache
Während
vor ordentlichen Gerichten die Verfahrenssprache regelmäßig zwingend
die Landessprache ist, können die Vertragspartner in Schiedsvereinbarungen
die Verfahrenssprache je nach Zweckmäßigkeit selbst festlegen. So können
beispielsweise Übersetzungen von Dokumenten vermieden werden.
Vollstreckbarkeit
Für
die Anerkennung von Urteilen ausländischer ordentlicher Gerichte gelten in
jedem Staat unterschiedliche Voraussetzungen. Hingegen sind weit über 100
Staaten dem "New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und
Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958" beigetreten.
Schiedssprüche, die in anderen Mitgliedsstaaten ergangen sind, werden danach
anerkannt. Sie bieten somit eine höhere Aussicht auf eine erfolgreiche Vollstreckung
im Ausland.
Inhalt einer praxistauglichen Schiedsklausel
Eine praxistaugliche Schiedsklausel sollte Folgendes regeln:
Wahl der Schiedsgerichtsordnung
Zur Durchführung
von Schiedsverfahren stehen Schiedsgerichtsordnungen verschiedener Organisationen
zur Verfügung. Diese enthalten die im Schiedsverfahren zu beachtenden Verfahrensregeln.
Beispiele sind die "Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für
Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS)" oder die "Schiedsgerichtsordnung
der Internationalen Handelskammer (ICC)". In der Schiedsklausel ist festzulegen,
welche der Schiedsgerichtsordnungen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges
zur Anwendung kommt. Die empfehlenswerte Schiedsgerichtsordnung hängt jeweils
von den Umständen des Einzelfalles - z. B. der Nationalität der Vertragspartner
- ab.
Ort und Sprache des Schiedsverfahrens
Ort und Sprache des
Schiedsverfahrens sind festzulegen. Bei der Auswahl des Ortes sollte insbesondere
auf Erreichbarkeit, die räumliche Nähe zu Beweismitteln sowie auf Einreisebestimmungen
geachtet werden. Zudem bestimmt der Ort des Schiedsgerichts auch die "Nationalität"
des Schiedsurteils, was wiederum Auswirkungen auf dessen Anerkennung und Vollstreckbarkeit
haben kann. Ausgewählt werden sollte deshalb ein Ort, dessen Schiedsurteile
in der Rechtsordnung der beteiligten Vertragspartner ohne weiteres anerkannt und
vollstreckt werden.
Anzahl und Qualifikation der Schiedsrichter, Auswahlverfahren
für die Schiedsrichter
Die meisten Schiedsgerichtsordnungen berechtigen
die Parteien, Anzahl, Qualifikation und das Verfahren der Auswahl der Schiedsrichter
festzulegen. Meist werden abhängig von Streitwert und Komplexität ein
Einzelschiedsrichter oder drei Schiedsrichter benannt. Die Besetzung des Schiedsgerichtes
mit drei Schiedsrichtern kann sich empfehlen, obwohl sie im Verhältnis zum
Einzelschiedsrichter zu höheren Kosten führt. Sie mindert die Unwägbarkeiten,
die mit der Auswahl nur eines Schiedsrichters und dem von ihm alleine auszusprechenden
Urteil verbunden sind. Weiterhin ist es ratsam festzulegen, dass die Schiedsrichter
die Gerichtssprache und das anzuwendende Recht beherrschen müssen, z. B.
indem die Schiedsrichter entweder Rechtsanwälte oder Richter aus dem Geltungsbereich
der gewählten Rechtsordnung sein müssen. Im Fall eines mit drei Schiedsrichtern
besetzten Schiedsgerichts kann auch vereinbart werden, dass jede Partei einen
Schiedsrichter benennen darf und der Vorsitzende des Schiedsgerichts entweder
von den beiden benannten Schiedsrichtern gemeinsam auszuwählen oder von der
Schiedsorganisation zu bestimmen ist.
Anwendbares materielles Recht sowie
ergänzende Anwendung von Verfahrensrecht
Enthält der Vertrag
keine Rechtswahlklausel, bestimmt das Schiedsgericht das anwendbare materielle
Recht. Dies kann zu unerwarteten Ergebnissen führen. Deshalb ist - entweder
in der Schiedsklausel oder im Vertrag ganz allgemein - festzulegen, welchem materiellen
Recht der Vertrag unterliegen soll.
Weiter sollte geregelt werden, welches Verfahrensrecht bzw. welche Regeln der Beweisaufnahme das Schiedsgericht ergänzend zur gewählten Schiedsgerichtsordnung anwenden soll. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass das Schiedsgericht eine Beweisaufnahme nach Regeln durchführt, die den Parteien nicht vertraut sind.
Wenn die vorstehenden Hinweise beachtet werden, bietet eine Schiedsklausel in internationalen Vertragsbeziehungen häufig Vorteile verglichen mit dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten.
Andreas
Dömkes, Uwe Pirl
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in Business &
Law Rhein-Neckar, 2012