In der Regel entwickeln Technologieunternehmen ihre Produkte selbst. Für die Entwicklung bestimmter Komponenten oder Funktionalitäten eines Produktes wird daneben häufig auf die Expertise anderer Unternehmen zurückgegriffen. In Entwicklungskooperationen kann dies auch wechselseitig erfolgen. Entwicklungsverträge dienen dazu, die Regeln einer solchen Zusammenarbeit festzulegen.
Im Gegensatz zu einem Kaufvertrag über ein fertiges Zulieferprodukt wird der Gegenstand eines Entwicklungsvertrages erst durch die Anforderungen des Auftraggebers bestimmt. Diese Individualisierung stellt hohe Anforderungen an die Konzeption und den Entwurf des Vertrages, die im Folgenden skizziert werden.
Von zentraler Bedeutung ist zunächst eine genaue Beschreibung des Entwicklungsgegenstandes und welche Anforderungen das Entwicklungsergebnis erfüllen soll. Dies wird regelmäßig in einer Spezifikation abgebildet, die dem Vertrag beigefügt wird und oftmals Schnittstellenbeschreibungen zu den übrigen Komponenten des eigenen Produkts des Auftraggebers enthält.
Weiter sind die Regeln der Zusammenarbeit und notwendige Mitwirkungspflichten des Auftraggebers möglichst vollständig und genau zu formulieren wie z. B. Benennung jeweiliger Projektverantwortlicher und kompetenter Ansprechpartner, Bereitstellung von Informationen, Beistellung von Komponenten durch den Auftraggeber und regelmäßige Abstimmung über den Entwicklungsfortschritt.
Für die Vergütung ist zu entscheiden, ob diese erst nach Ablieferung und Abnahme des Entwicklungsergebnisses fällig wird (werkvertraglicher Charakter), oder ob kein Erfolg geschuldet ist und die Vergütung daher unabhängig von der Erreichung des beabsichtigten Entwicklungsergebnisses für erbrachte Leistungen und Aufwände zu entrichten ist (dienstvertraglicher Charakter). Letzteres kann
im Interesse des Auftragnehmers insbesondere dann sachgerecht sein, wenn nicht sicher ist, ob sich das spezifizierte Entwicklungsergebnis zuverlässig erzielen lässt. Im Falle einer Abnahme sollten die Abnahmekriterien und möglichst auch das Verfahren festgelegt werden (z. B. Ort, Teilnehmer, Abnahmekriterien).
Damit der Auftraggeber die Entwicklungsergebnisse für sein Geschäft nutzen kann und der Auftragnehmer in seiner weiteren Geschäftstätigkeit nicht eingeschränkt wird, ist ein Augenmerk auf die interessengerechte Zuordnung von Erfindungen und Ideen und damit verbundener Rechte zu legen, die bei einer Entwicklungsarbeit entstehen („Foreground IP“). Zudem kann die Gewährung von Nutzungsrechten an solchen Rechten erforderlich sein, die den Vertragsparteien bereits vor dem Beginn der Entwicklungszusammenarbeit gehörten oder die sie davon unabhängig erlangen („Background IP“). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Entwicklungsergebnisse nur unter Mitbenutzung der Background IP verwendet werden können. Meist wird der Auftraggeber die Entwicklungsergebnisse für sich mit dem Argument beanspruchen, dass er die Entwicklungsarbeit bezahle. Für den Auftragnehmer stellt sich die Frage, ob eine vollständige Übertragung der Rechte an den Entwicklungsergebnissen akzeptabel ist, denn damit begibt er sich der Möglichkeit, die neu gewonnen Erkenntnisse für sein eigenes Geschäft zu verwenden. Oftmals ist eine ausschließliche Zuordnung der Rechte an nur einen Vertragspartner nicht interessengerecht.
Dann müssen differenzierte Zuordnungsregelungen gefunden werden. Beispielsweise kann bei Zuweisung der Rechte an eine Vertragspartei der anderen ein nicht- exklusives Nutzungsrecht eingeräumt werden. Nutzungsrechte können zudem inhaltlich differenziert (z. B. nur für bestimmte Technologiebereiche, Produktgruppen oder Märkte) vergeben, nur für begrenzte Zeit gewährt oder mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Lizenzgebühr verknüpft werden.
Noch komplexer wird die Aufgabenstellung, wenn die Vertragsparteien nach der Entwicklung eine Zusammenarbeit bei der Vermarktung der Entwicklungsergebnisse beabsichtigen. Beispielsweise kann der Entwickler Zulieferer für den Auftraggeber werden, indem er die entwickelten Gegenstände selbst herstellt und an den Auftraggeber liefert. Sowohl die Entwicklungs- als auch die Vermarktungsphase sind so zu regeln, dass die Interessen beider Parteien gewahrt sind. Eine dauerhafte Abhängigkeit der einen von der anderen Seite sollte vermieden werden.
Regelungen für den Fall eines Scheiterns der Entwicklung sind anzuraten. Was soll gelten, wenn sich herausstellt, dass das Entwicklungsziel nicht zu erreichen ist? Welcher Ausweg bietet sich dem Auftragnehmer, wenn die Amortisation seiner Entwicklungsaufwände durch Belieferung des Auftraggebers in der Vermarktungsphase wegen gestiegener Herstellkosten gefährdet ist? Wie kann sich der Auftraggeber davor schützen, dass eine auskömmliche Verwertung des Ergebnisses nicht mehr realistisch erscheint, weil der Markt für sein geplantes Produkt einbricht? Um einen sachgerechten Interessenausgleich zu erreichen, können in all diesen Fällen umfangreiche Regelungen zur Kündigung und den Kündigungsfolgen erforderlich sein. Dabei sind die Rechtezuordnung, Vergütung und Erstattung angefallener Kosten zu berücksichtigen.
Schließlich sind in einem Entwicklungsvertrag Regelungen zu Terminen, Verzug, Mängelhaftung (bei werkvertraglicher Leistung), Haftungsbegrenzung und Geheimhaltung zu formulieren. Insbesondere bei Wettbewerbsverboten oder Exklusivbindungen müssen kartell- und wettbewerbsrechtliche Regeln beachtet werden. Regelungen zu Preisabsprachen oder eine Aufteilung von Märkten oder Kunden sind generell unzulässig.
Die vertragliche Gestaltung kann in erheblichem Maße zum Erfolg einer technischen Entwicklung beitragen. Voraussetzung dafür ist, dass die Ausgangssituation und die Interessenlagen der Parteien mit Blick auf alle Phasen der Vertragsumsetzung durchdacht werden. Die Durchführung und die Beendigung der Zusammenarbeit sollten mit klaren Regelungen im Vertrag abgebildet werden.
Andreas Dömkes