Viele Unternehmen nutzen ihren Internetauftritt dazu, den Kunden ein Forum für Meinungsäußerungen und Diskussionen zur Verfügung zu stellen und so die Kundenbindung zu stärken. Durch solche Internetforen können Unternehmen schon frühzeitig von Fehlern in ihren Produkten erfahren; sie werden dann als günstige Alternative zum unternehmensseitigen Support eingesetzt. Doch wie steht es mit der drohenden Gefahr, dass das Unternehmen in seinen eigenen Foren diskreditiert wird? Die Möglichkeiten, sich erfolgreich gegen abwertende Äußerungen in Internetforen zur Wehr zu setzen sowie die bestehenden gesetzlichen Vorgaben des im September letzten Jahres in Kraft getretenen neuen Telemediengesetzes (TMG) werden im Folgenden von Dr. Tilo Jung und Gunnar Skoeries von der adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH näher beleuchtet.
Diskreditierende
Äußerungen über ein Unternehmen
Falls ein Unternehmen in
einem Internetforum diskreditiert wird hängt das pragmatisch anzuratende
Vorgehen vom betroffenen Einzelfall ab. Es sollte nicht unterschätzt werden,
dass sich im Internet Informationen sehr schnell verbreiten können. Nach
dem Grundsatz: "Only bad news is good news" verbreiten sich schlechte
Nachrichten schneller als gute und haben eine höhere Aufmerksamkeit. So sah
sich beipielsweise die Firma Jamba! aufgrund von Beiträgen in einem Internetforum
plötzlich einer breiten Öffentlichkeit ausgesetzt und musste seine Fernsehwerbung
auf ein erträgliches Maß reduzieren.
Soweit in solchen Fällen
die Identität des diskreditierenden Autors bekannt ist, kann direkt gegen
ihn vorgegangen werden. Je nach Art und Intensität der diskreditierenden
Äußerungen stehen dem Unternehmen zivilrechtliche Beseitigungs- und
Unterlassungsansprüche unter anderem wegen des Eingriffs in sein Unternehmenspersönlichkeitsrecht,
der Behauptung unwahrer, den Kredit gefährdenden Tatsachen aber auch wegen
eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zur Seite.
Sollte
aber wie in der Mehrzahl der Fälle die Identität des diskreditierenden
Autors nicht bekannt sein, stellt sich die Frage nach der Inanspruchnahme des
Forenbetreibers.
Unkenntnis des Forumsbetreibers vom Inhalt der Beiträge
Da
der Forenbetreiber grundsätzlich nur ein Forum für Beiträge Dritter
zur Verfügung stellt, wird er in der Regel keine Kenntnis vom Inhalt eingestellter
Beiträge haben. Eine Täterschaft oder Teilnahme an den schadensträchtigen
Veröffentlichungen kommt daher nur selten in Betracht. Nach dem Wortlaut
des § 10 TMG soll zudem eine Verantwortlichkeit des Forenbetreibers für
diskreditierende Beiträge grundsätzlich nur bei Kenntnis einer solchen
offensichtlich rechtswidrigen Handlung bestehen.
Dieser Ansicht ist der BGH
jedoch in seinem Urteil vom 11.3.2004 (zuletzt bestätigt mit Urteil vom 11.3.2007)
entgegengetreten. Gegenüber zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen
kann sich der Forenbetreiber nicht auf eine Haftungsprivilegierung nach §
10 TMG berufen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommen daher Unterlassungsansprüche
gegen den Forenbetreiber als Störer in Betracht.
Zur Vermeidung einer
übermäßigen Inanspruchnahme des Forenbetreibers setzt der BGH
zur Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen aber die
Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich nach
der Zumutbarkeit einer Überprüfung für den Forenbetreiber, wobei
auch der Schutzbereich der Presse- und Meinungsfreiheit des Art. 5 GG zu berücksichtigen
ist. Überzogene Anforderungen an die Prüfpflichten zu stellen, käme
einer höchstrichterlich verordneten Vorzensur gleich und gefährdete
den Bestand von Internetforen als "Markt der Meinungen". Beides wäre
mit Art. 5 GG unvereinbar. Eine Verantwortlichkeit des Forenbetreibers kommt solange
nicht in Betracht, wie er sich die diskreditierenden Meinungen nicht zu eigen
macht. Dies ist aus der Sicht eines verständigen Lesers des Forums zu beurteilen.
Dass sich der Forenbetreiber sämtliche Beiträge eines Forums zu eigen
machte, wäre aus dieser Perspektive lebensfremd. Eine aktive Prüfpflicht
hinsichtlich der Äußerungen in einem Einzelforum, dem so genannten
Thread, kann den Forenbetreiber allerdings in den Fällen treffen, in denen
er selbst diskreditierende Äußerungen provoziert. Das soll nach dem
OLG Hamburg bereits dann der Fall sein, wenn kritisch über Produkte Dritter
berichtet und im Anschluss an diesen Bericht ein Diskussionsforum eröffnet
wird.
Kenntnis des Forenbetreibers
von diskreditierenden Forenbeiträgen
Erlangt der Forenbetreiber durch
die Mitteilung Dritter oder eigene Beobachtungen Kenntnis von diskreditierenden
rechtswidrigen Beiträgen im Forum und bleibt er gleichwohl untätig,
so besteht ohne weiteres ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. In diesen
Fällen verpflichtet § 10 TMG den Forenbetreiber, den offensichtlich
rechtswidrigen Beitrag zu entfernen.
Empfehlung
Enthält ein
Forum abwertende Äußerungen, empfiehlt es sich zunächst, den Autor
und den Forenbetreiber von der Feststellung in Kenntnis zu setzen und sie zur
Entfernung der Beiträge aufzufordern. Aufgrund der dann gegebenen Kenntnis
des Forenbetreibers werden sich Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche
gegen diesen in der Regel leichter durchsetzen lassen.
Gleichwohl muss diese
Entscheidung in jedem Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Je nach Intensität
der Beeinträchtigung kann es auch zweckmäßig sein, Ruhe zu bewahren
und die Verunglimpfung im weißen Rauschen des World Wide Web untergehen
zu lassen. Gerade bei wenig frequentierten branchenfernen Foren zum Tätigkeitsfeld
des betroffenen Unternehmens sollte eine nicht vorhandene Öffentlichkeit
nicht erst durch den Einsatz juristischer Mittel erzeugt werden.
Unternehmen
als Internetforenbetreiber
Wenn ein Unternehmen selbst ein Internetforum
betreibt, hält es damit "fremde elektronische Informations- und Kommunikationsdienste
zur Nutzung bereit". Es wird zum so genannten Hostprovider im Sinne des TMG.
Als solcher hat das Unternehmen nach § 5 TMG diverse Informationen, wie z.B.
Namen, Anschrift, Rechtsform, Vertretungsberechtigte oder auch Angaben, die eine
schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit dem
Unternehmen als Dienstanbieter ermöglichen, leicht erkennbar, unmittelbar
erreichbar und ständig verfügbar zu halten.
Die oben aufgezeigten
Grundsätze können dann zu einer Verantwortlichkeit des Unternehmens
als Forenbetreiber für die eingestellten Inhalte führen.
Um in Fällen
diskreditierender Beiträge eine einfache und effektive rechtliche Handhabe
gegen den Autor zu haben, empfiehlt es sich im Rahmen einer verpflichtenden Anmeldung
unter Annahme einer Benutzungsordnung für das Forum bereits die vertragliche
Grundlage zu schaffen. Das Unternehmen schafft so ein nachweisbares Vertragsverhältnis
zum Autor und kann im Rahmen der Benutzungsordnung detaillierte Regelungen für
die Einstellung von Beiträgen vorgeben. Auch eine außerordentliche
Kündigung des Nutzungsvertrags, den Ausschluss des Autors vom Zugang sowie
die Löschung fragwürdiger Beiträge können näher geregelt
werden. Im Rahmen der Anmeldung können zudem bereits Daten des Autors abgefragt
werden, die eine schnelle Ermittlung und Verifizierung von dessen Identität
ermöglichen.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass nach
der derzeitig uneinheitlichen Rechtsprechung Forenbetreiber grundsätzlich
darauf hinweisen sollten, dass sie sich die fremden Beiträge nicht zu eigen
machen. Dies kann mittels eines entsprechend deutlich gestalteten Haftungsausschlusses
(Disclaimer) bewirkt werden.
Fazit
Jedem Unternehmen sollte bewusst
sein, dass der Betrieb eines Internetforums mit Chancen und Risiken verbunden
ist. Bereits eine richtige rechtliche Ausgestaltung des Zugangs zum Internetforum
kann entscheidend dabei helfen, Risiken im Zusammenhang mit diskreditierenden
Äußerungen zu minimieren.
Dr. Tilo Jung, Gunnar
Skoeries
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in Business & Law
Rhein-Neckar, 2008