Viele beendete Arbeitsverhältnisse führen im Nachhinein aufgrund fehlender oder unrichtiger Wettbewerbsvereinbarungen zu Problemen. Auch eine salvatorische Klausel im Arbeitsvertrag kann einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, dessen Vereinbarung keine Karenzentschädigung enthält, nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner Entscheidung vom 22. März 2017 die entgegenstehenden Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und insoweit Klarheit geschaffen. Hintergrund der Entscheidung war folgender:
Nach § 74 Abs. 2 HGB ist ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Gesamtvergütung erreicht. Nach der früheren Rechtsprechung des BAG folgte hieraus, dass das Fehlen einer Entschädigungszusage – anders als bei einer zu geringen Zusage – zur Nichtigkeit des Verbots führt. Der Arbeitnehmer hat in einem solchen Fall kein Wahlrecht, ob er Wettbewerb betreibt oder nicht. Das Wahlrecht setze voraus, dass tatsächlich eine Wahl besteht, nämlich Konkurrenz oder Enthaltsamkeit gegen Zahlung der zu geringen, aber vertraglich vereinbarten Entschädigung. Fehle die Entschädigungszusage ganz, habe ein Wahlrecht aus § 74 Abs. 2 HGB wirtschaftlich keinen Sinn. Der Arbeitnehmer hätte nämlich auch dann keinen vertraglichen Entschädigungsanspruch, wenn er das Wettbewerbsverbot beachtete.
Die Entscheidung des BAG zur Nichtigkeit des entschädigungslosen Verbots steht allerdings in einem Spannungsverhältnis zu salvatorischen Klauseln, welche in Arbeitsverträgen heute Standard sind. Mit der folgenden Formulierung sollte im vom BAG entschiedenen Fall eine eigentlich nichtige Bestimmung im Arbeitsvertrag erhalten bleiben:
„Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages nichtig oder unwirksam sein, so soll dadurch der Vertrag im Übrigen in seinem rechtlichen Bestand nicht berührt werden. Anstelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Vertragsparteien gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt hätten, sofern sie bei Abschluss dieses Vertrages die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.“
Von Untergerichten wurden aufgrund dieser Regelung im Vertrag enthaltene Wettbewerbsverbote trotz fehlender Entschädigungszusage für weiterhin wirksam erachtet: Die Ersetzung des nichtigen Wettbewerbsverbots durch ein wirksames mit Entschädigungspflicht würde am ehesten dem mutmaßlichen Willen beider Vertragsparteien entsprechen, wenn sie bei Abschluss des Vertrages die Nichtigkeit des Verbots bedacht hätten.
Das BAG ist nicht damit einverstanden, über den Weg der salvatorischen Klausel „automatisch“ die Vereinbarung einer Entschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe zu fingieren. Da nämlich spätestens unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Wettbewerbsverbots zu treffen sei, müsse sich die Wirksamkeit des Verbots aus der Vereinbarung selbst ergeben. Bei einer salvatorischen Klausel aber fehle es daran, weil erst später wertend zu entscheiden sei, ob die Vertragsparteien in Kenntnis der Nichtigkeit der Vereinbarung eine wirksame Vereinbarung abgeschlossen hätten und welchen Inhalt die Entschädigungszusage gehabt hätte. Ein nichtiges Verbot bleibt also nach dem BAG Urteil auch weiterhin nichtig.
Was ist die Folge aus diesem Urteil? Ist dem Arbeitgeber bewusst, dass das Verbot wegen Fehlens einer Entschädigungszusage nichtig ist, spekuliert er möglicherweise nur darauf, dass sich der ehemalige Arbeitnehmer daran hält, ohne eine Entschädigung zu beanspruchen. Ein Entschädigungsanspruch stünde dem Arbeitnehmer nach der Entscheidung des BAG auch nicht zu.
Häufiger ist einem Arbeitgeber aber wahrscheinlich nicht bewusst, dass eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe zwingend erforderlich ist, um ein Wettbewerbsverbot verbindlich zu vereinbaren. Da die salvatorische Klausel weder dem Arbeitnehmer noch dem Arbeitgeber hilft, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Wettbewerbsenthaltsamkeit zwingen. Dieses Ergebnis ist für den Arbeitgeber sehr unbefriedigend, wenn der Arbeitnehmer z. B. ein Know-how-Träger ist oder umfangreiche Kundenbeziehungen zur Konkurrenz mitnimmt.
Die Vereinbarung wirksamer Wettbewerbsklauseln ist daher aus Arbeitgebersicht umso wichtiger.Steffen Zimmermann