VERSTEHENBERATENBEGLEITEN

 
Was ist ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben?

Wer ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben erhält, sollte es unverzüglich inhaltlich auf Richtigkeit prüfen und bei Abweichungen vom Besprochenen dem Absender widersprechen.

Im Rechtsverkehr gilt der allgemeine Grundsatz, dass das Schweigen nicht als Erklärung gewertet werden darf und es deshalb im Regelfall keine Rechtsfolgen nach sich zieht. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen, die vor allem im Handelsrecht Bedeutung erlangen.

Es entspricht kaufmännischer Übung, nach formlosem Vertragsschluss (z. B. mündlich oder telefonisch) der anderen Seite den Vertragsschluss schriftlich zu bestätigen. Die schriftliche Aufzeichnung des Vertragsinhalts dient Dokumentations- und Beweiszwecken. Diese Bestätigung kann ein "kaufmännisches Bestätigungsschreiben" sein. Schweigt der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, gilt sein Schweigen unter den folgenden Voraussetzungen als Zustimmung:

  • Absender und Empfänger sind Kaufleute,
  • dem Schreiben gingen tatsächlich Vertragsverhandlungen voraus,
  • die Parteien haben formlos, in der Regel mündlich, einen Vertrag geschlossen oder sich auf eine Änderung/Ergänzung einer bereits bestehenden Vereinbarung geeinigt,
  • das Schreiben bestätigt eine Vereinbarung unter Wiedergabe des tatsächlich oder aus Sicht des Absenders vermeintlich vereinbarten Vertragsinhalts und
  • der Empfänger widerspricht nicht unverzüglich, d. h. innerhalb einer den Verkehrsbe dürfnissen angemessenen kurzen Frist. Diese Frist bemisst sich nach den Umständen im Einzelfall. In der Regel beträgt sie ein bis zwei Tage.

 

Erhält ein Kaufmann ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben und erfolgt kein Widerspruch von ihm, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt geschlossen, der sich aus dem Schreiben ergibt. Diese Rechtsfolge tritt jedoch nicht ein, wenn

  • der Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens derart vom zuvor Vereinbarten abweicht, dass der Absender vernünftigerweise mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen kann, oder
  • der Absender das kaufmännische Bestätigungsschreiben unredlich und damit rechtsmissbräuchlich verwendet, z. B. indem er das Besprochene unrichtig oder entstellt wiedergibt.

Zum Kreis der Empfänger, die sich den vorgestellten strengeren Sorgfaltsmaßstäben an den Umgang mit ihrer Korrespondenz stellen müssen, gehören zunächst alle Kaufleute nach der handelsrechtlichen Definition. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens aber auch bereits auf Freiberufler z. B. Architekten oder Rechtsanwälte angewendet. Daher ist jedem Selbständigen, der am Rechtsverkehr teilnimmt, zu empfehlen, im Nachgang zu Vertragsverhandlungen erhaltene Schreiben gründlich zu prüfen.

Andreas Dömkes, Dr. Tilo Jung
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in IHK Magazin Rhein-Neckar 4/2012

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