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Werkvertrag und Dienstvertrag - ist das nicht eigentlich das Gleiche?

In der Unternehmenspraxis bei der Beauftragung von Dritten regelmäßig vorkommende Verträge sind der Werkvertrag und der Dienstvertrag. Obwohl beide Vertragstypen den Parteien sehr unterschiedliche Pflichten auferlegen, werden sie im Alltag oftmals verwechselt. Die Unterscheidung zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag ist auch trotz der jeweils gesonderten Regelung im Gesetz alles andere als einfach, wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen in der Praxis jedoch unumgänglich.

Beide Vertragstypen haben grob betrachtet die Erbringung einer entgeltlichen Tätigkeit zum Gegenstand. Ob es sich bei dem zu Grunde liegenden Vertrag um einen Dienst- oder Werkvertrag handelt, ist anhand der konkreten Leistungspflichten zu bestimmen. Es liegt auf der Hand, dass die Kenntnis der Leistungspflichten eine Voraussetzung für die gewissenhafte Vertragserfüllung ist; deshalb sollten sich die Vertragspartner bewusst sein, für welchen Vertragstyp sie sich entschieden haben. Die Bezeichnung des Vertragsdokuments ist dabei unerheblich, maßgeblich ist der tatsächliche Wille der Vertragsparteien.

Bei einem Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) verpflichtet sich der Auftragnehmer, das vereinbarte Werk herzustellen. Geschuldet wird nicht die bloße Tätigkeit, sondern die Erstellung eines Werkes und somit die Herbeiführung eines Erfolges. Dies kann sowohl ein körperliches Arbeitsprodukt sein wie die Reparatur einer Maschine als auch die Herbeiführung eines unkörperlichen Arbeitsergebnisses wie die Entwicklung eines technischen Gegenstandes oder eine Taxifahrt.

Bei einem Dienstvertrag (§ 611 ff. BGB) schuldet der Auftragnehmer keinen Erfolg, sondern nur eine Tätigkeit. Seine Leistung umfasst lediglich die vertragsgemäße Bemühung um den Erfolg. Der Auftraggeber erteilt beim Dienstvertrag nur einen Auftrag zum Tätigwerden; ein konkretes Ergebnis verspricht der Auftragnehmer nicht. Typische Beispiele für Dienstverträge sind Arbeitsverträge. Auch für den Behandlungsvertrag beim Arzt gelten die Vorschriften des Dienstvertrages.

Ob ein Werkvertrag oder ein Dienstvertrag zwischen den Parteien abgeschlossen wurde, muss im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden. Für die Einordnung als Werkvertrag spricht typischerweise, wenn der zu erbringende Arbeitserfolg und der Ablieferungszeitpunkt genau bestimmt sind, das Arbeitsergebnis vom Auftraggeber abgenommen werden soll, der Auftragnehmer das Haftungs- und Vergütungsrisiko bei Nichterfüllung trägt und die Vergütung sich ausschließlich nach dem Ergebnis des erbrachten Werkes und nicht nach Stundensätzen richtet. Sind diese Aspekte nicht erfüllt und unterliegt der Auftragnehmer zudem dem Weisungsrecht des Auftraggebers und ist in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert, so handelt es bei dem Vertragsverhältnis regelmäßig um einen Dienstvertrag.

Der Gesetzgeber bestimmt für Werkvertrag und Dienstvertrag unterschiedliche Rechtsfolgen, insbesondere bezüglich der Vergütung und der Haftung für Fehler bei der Leistungserbringung. So bekommt der Auftragnehmer eines Werkvertrages, der sich ordentlich bemüht hat, keinen Werklohn, wenn der vereinbarte Erfolg nicht eingetreten ist. Solange beispielsweise eine Maschinenreparatur nicht erfolgreich war, wird der Vergütungsanspruch des Technikers nicht fällig. Der Auftragnehmer eines Dienstvertrages erhält bei ordentlicher Leistungserbringung immer seinen Lohn, auch wenn das Arbeitsergebnis, welches der Auftraggeber erwartete, nicht erreicht wird. Anders formuliert: Hat der Patient auch nach der fehlerfrei durchgeführten Zahnbehandlung noch Zahnschmerzen, steht das dem Honoraranspruch des Zahnarztes grundsätzlich nicht entgegen. Ein weiterer bedeutender Unterschied bei den zwei Vertragstypen besteht darin, dass nur beim Werkvertrag gesonderte Bestimmungen für die mangelhafte Leistungserbringung gesetzlich geregelt sind.

Vor dem Abschluss eines Vertrages empfiehlt es sich für die Parteien, ihre Ziele und Erwartungen klar zu artikulieren und diesen entsprechend eine bewusste Entscheidung für einen bestimmten Vertragstyp vorzunehmen. Dann können eventuell erforderliche Anpassungen oder Ergänzungen zu den gesetzlichen Regelungen z. B. zur Vergütung, der Mängelhaftung oder Kündigung gezielt auf die Bedürfnisse der Vertragspartner zugeschnitten werden.

Katrin Wentzensen

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