Werden Verträge nicht wie vereinbart erfüllt oder ändern sich die Umstände, so kann bei Vertragspartnern der Wunsch entstehen, der vertraglichen Pflichten ledig zu werden oder einen bereits begonnenen, noch nicht vollständig abgeschlossenen Leistungsaustausch wieder umzukehren. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einem Rücktritt oder von einer Kündigung. Während eine Kündigung bei einem sich über längere Zeit erstreckenden Vertrag eine Beendigung für die Zukunft bezeichnet, bezieht sich der Begriff des Rücktritts meist auf die Beendigung eines noch nicht vollständig erfüllten Vertrages und bedeutet in der Regel auch die wechselseitige Rückgewähr bereits empfangener Leistungen.
Kündigung und Rücktritt sind Gestaltungsmöglichkeiten, die eine Vertragspartei einseitig nutzen kann, wenn ein vertraglich vereinbarter oder gesetzlich geregelter Kündigungs- oder Rücktrittsgrund vorliegt.
Was ist bei der Kündigung oder beim Rücktritt vom Vertrag zu beachten?
Kündigung und Rücktritt werden gegenüber dem Vertragspartner erklärt. Das heißt insbesondere, dass die abgegebenen Erklärungen dem Vertragspartner auch zugehen müssen. Soweit Fristen oder Termine einzuhalten sind, müssen die Erklärungen rechtzeitig zugehen. Sie entfalten dann ihre Wirkung unabhängig davon, ob der Empfänger sie gutheißt oder annimmt. So einfach dies in der Theorie klingt, so tückisch kann es in der Praxis sein. Der Zugang der Erklärung setzt zum Beispiel voraus, dass die Erklärung so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt, dass er sie wahrnehmen kann. Insbesondere dann, wenn bestimmte Fristen oder Termine eingehalten werden müssen, ist deshalb sorgfältig zu überlegen, auf welche Weise dem Empfänger die Erklärung zugeleitet wird. Der Zugang der Erklärung ist beispielsweise dann nicht erfolgt, wenn eine Kündigung mittels eines Übergabe-Einschreibens erfolgt, das der Empfänger bei der Post nicht abholt. Je nach Fall kann daher beispielsweise ein Einwurf-Einschreiben günstiger für den Kündigenden sein als ein Übergabe-Einschreiben.
Neben Telefax, Brief und Einschreiben sind bei schriftlichen Erklärungen auch Zustellungen über einen Gerichtsvollzieher möglich. Vertragliche Vereinbarungen, die eine bestimmte Form der Kündigung oder des Rücktritts vorsehen, müssen eingehalten werden. Zur Beweiserleichterung sollten Rücktritt und Kündigung stets dokumentiert und auch dann, wenn es aus rechtlichen Gründen nicht zwingend ist, schriftlich abgegeben werden.
Soweit die Kündigung oder der Rücktritt von Bevollmächtigten erklärt wird, sind diese Erklärungen unwirksam, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der Erklärungsempfänger die Erklärung aus diesem Grund zurückweist. Deshalb muss in der Praxis je und je darauf geachtet werden, wer entsprechende Erklärungen als Bevollmächtigter abgeben kann und wie eine Bevollmächtigung zusammen mit einer solchen Erklärung nachgewiesen werden kann.
Bezüglich des Inhalts einer Kündigung gilt grundsätzlich, dass sie klar und eindeutig sein muss und dem Empfänger keine Ungewissheit und kein Schwebezustand zugemutet werden darf. Rücktritt und Kündigung dürfen keine Bedingungen enthalten. Eine Begründung einer Kündigung ist in der Regel nicht erforderlich und sollte unterbleiben, denn die Nennung von Gründen kann Ansatzpunkte für ungewollte Diskussionen bieten. Die Fontane'sche Weisheit, dass Abschiedsworte kurz wie eine Liebeserklärung sein müssen, gilt entsprechend für die Ausübung dieser Gestaltungsrechte. Davon gibt es vereinzelte Ausnahmen wie beispielsweise im Arbeitsrecht oder bei der Kündigung von Wohnraummietverträgen, wo die Nennung der Kündigungsgründe notwendig oder zumindest geboten ist.
Dr. Markus Ackermann