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Mach' den … Test - Zulässigkeit vergleichender Werbung

Jeder Unternehmer bewirbt die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen. Dazu werden die positiven Eigenschaften des eigenen Angebots hervorgehoben. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es darüber hinaus zulässig, eigene Leistungen zu Werbezwecken mit denen eines Mitbewerbers zu vergleichen. Die Rechtsanwälte Katrin Wentzensen LL.M. und Dr. Tilo Jung von der adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH informieren im folgenden Artikel über die juristische Herausforderung einer Prüfung der Zulässigkeit einer geplanten Werbekampagne.

Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ein unmittelbarer Vergleich mit Wettbewerbsprodukten zulässig ist, bestimmt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dort wird in § 6 Abs. 1 vergleichende Werbung definiert als "jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht".
Nicht jede Äußerung im Umfeld eines Unternehmens ist dabei unter den Begriff der Werbung zu fassen. Entscheidend ist, ob die Äußerung zum Zwecke der Absatzförderung getätigt wurde. Bloße unternehmensinterne Äußerungen über Produkte eines Wettbewerbers stellen daher keine Werbung dar. Neben den öffentlichen Darstellungsformen von Werbung in den Medien oder auf Plakaten wird auch die individuelle Kommunikation in einem Kundengespräch oder -schreiben vom Werbebegriff des UWG umfasst.

1. Erkennbarkeit des Mitbewerbers
Vergleichende Werbung liegt vor, wenn sie einen Mitbewerber oder dessen Leistungsangebot erkennbar macht. Dies ist der Fall, wenn der Werbende ganz offen die Eigenschaften der konkurrierenden Produkte miteinander vergleicht. Es reicht jedoch aus, wenn die Bezugnahme mittelbar und nur aus dem Zusammenhang erkennbar wird, z. B. durch Anknüpfen an eine bekannte Werbemaßnahme eines Mitbewerbers. Ist der Markt für das beworbene Produkt überschaubar, kann bereits eine mittelbare Bezugnahme auf alle Konkurrenzprodukte zum Beispiel durch eine Alleinstellungsbehauptung ausreichen, um vergleichend im Sinne des UWG zu sein.

2. Unzulässigkeit vergleichender Werbung
§ 6 Abs. 2 UWG zeigt die Grenzen erlaubter vergleichender Werbung auf und in welchen Fällen eine Werbemaßnahme unzulässig ist.

(1) Unlauter ist Werbung, wenn sie sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen aus dem gleichen Bedarf bezieht.

Die miteinander verglichenen Waren oder Dienstleistungen müssen nicht völlig funktionsidentisch aber noch substituierbar sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein identisches Produkt von unterschiedlichen Händlern angeboten wird (z. B. zwei konkurrierende Elektro-Märkte). Aber auch der Vergleich von Schoko- mit Müsliriegeln wurde nicht als unlauter erachtet, weil der angesprochene Verbraucherkreis die Produkte typischerweise als austauschbar ansieht.

(2) Unlauter ist Werbung, wenn sich der Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche relevante nachprüfbare Eigenschaften bezieht.

Es darf nur mit nachprüfbaren und unterscheidbaren Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen geworben werden, also z. B. mit der Beschaffenheit oder dem Preis der beworbenen Produkte. Aber auch TÜV Zertifizierungen, Lieferbarkeit oder Versandmöglichkeiten gehören zu den nachprüfbaren Eigenschaften. Die Werbeaussage muss zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung objektiv korrekt sein. Dies gilt natürlich auch für alle Angaben, die über das Konkurrenzprodukt gemacht werden.

(3) Unlauter ist die Werbung, wenn sie zu Verwechslungen der Unternehmen des Werbenden und des Wettbewerbers führt.

Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn der Eindruck entstehen kann, dass die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen stammen. In den meisten Fällen vergleichender Werbung liegt hier kein Problem vor, da eine Abgrenzung zum Konkurrenzprodukt gerade das Ziel der Kampagne ist.

 

(4) Unlauter ist die Werbung, wenn der Werbende die Wertschätzung von Kennzeichen des Wettbewerbers ausnutzt.

Eine "Ausnutzung" des Rufs eines Kennzeichens liegt vor, wenn die Werbung dazu führt, dass die angesprochenen Kundenkreise den Ruf Erzeugnisse des Werbenden übertragen. So zum Beispiel, wenn ein Hersteller von günstigem Modeschmuck mit dem Slogan "à la Cartier" wirbt.

(5) Unlauter ist die Werbung, wenn die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen des Wettbewerbers als solches durch die Werbung verunglimpft oder herabgesetzt wird.

Da Werbung ihrem Zweck nach das eigene Produkt hervorheben soll, muss logisch folgend eine Herabsetzung des Konkurrenzprodukts zulässig sein. Für die Unlauterkeit müssen daher Umstände hinzu treten, die über die bloße Kritik des fremden Produkts hinausgehen. Ein herabsetzender Werbevergleich liegt dann vor, wenn die Werbung in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheint. Die Bezeichnung eines Konkurrenzprodukts als "Mist" ist beispielsweise unsachlich und damit unlauter. Der Bundesgerichtshof (BGH) lässt in einem jüngeren Urteil sogar einen abschätzigen Umgang mit dem Konkurrenzprodukt zu, wenn dies in einer ironischen, humoristischen Weise geschieht. In der Entscheidung hielt der BGH einen satirischen Werbespot für "die tageszeitung" (taz) für zulässig, in der ein Bild-Zeitungsleser, der mit einer Ausgabe der taz konfrontiert wurde, als mundfauler, etwas schlichter Trinkhallenbesucher in Unterhemd und Jogginghose dargestellt wurde. Zu beachten ist jedoch, dass sich solche Kampagnen stets in einem Grenzbereich bewegen und ein ähnlicher Fall auch mit guten Argumenten als unzulässig beurteilt werden könnte.

(6) Unlauter ist die Werbung wenn Imitationen der Waren unter Verwendung eines geschützten Kennzeichens dargestellt werden.

Die Regelung bezieht sich nur auf den Fall, dass der Werbende sein eigenes Produkt als Imitation oder Nachahmung eines fremden Produkts darstellt. Dies kommt in der Praxis eher selten vor und hat vor allem bei der Imitation des Geruchs von Markenparfüms bisher eine Rolle gespielt. Hersteller der Duftimitationen verwendeten für den Vertrieb sogenannte Vergleichslisten, die unzulässigerweise die Wortmarke des jeweiligen imitierten Markenparfüms enthielten.

3. Rechtsfolgen: Beseitigung, Unterlassung und Schadenersatz
Liegen die Voraussetzungen einer unlauter vergleichenden Werbung vor und ist die Werbemaßnahme geeignet, den Wettbewerb zu beeinträchtigen, kann der Werbende zur Beseitigung der Werbung verpflichtet und auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch können nicht nur betroffene Mitbewerber sondern auch die Industrieund Handelskammern, und bestimmte Verbände gerichtlich durchsetzen. Handelt der Werbende schuldhaft, können Mitbewerber zudem Schadensersatzansprüche geltend machen. Dadurch können erhebliche Kosten auf den Werbenden zukommen.

4. Fazit
Der Gesetzgeber hat die Vorgaben für vergleichende Werbung in § 6 UWG ausführlich beschrieben. Die Prüfung der Zulässigkeit einer geplanten Werbekampagne, die meist mit den verschiedensten gestalterischen Mitteln statt nur mit nüchternen Tatsachenbehauptungen arbeitet, stellt oft eine juristische Herausforderung dar. Es handelt sich aber um eine unverzichtbare Vorsichtsmaßnahme vor der Umsetzung und Verbreitung jeder Werbekampagne.

Katrin Katz, LL.M. (geb. Wentzensen), Dr. Tilo Jung
adjuga Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Erschienen in Business & Law Rhein-Neckar, 2011

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